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Wirksam führen: der VAT-Dreiklang

In manchen Situationen werden Menschen nicht aktiv, geben nicht alles oder handeln aktiv entgegen Verabredungen – obwohl es eine Regel, einen Prozess oder ein Ziel und einen Plan gibt.

Dies kann an fehlgerichteter, zu schwacher oder nicht ausdauernder Motivation liegen. Es kann aber auch mit etwas zu tun haben, was ich den VAT-Dreiklang nenne: Die Harmonie zwischen rationalem Verständnis, emotionaler Akzeptanz und (Mit)Tragen, also der tatsächlichen Handlung. Denn drei Zustände müssen eingetreten sein, damit ein Mensch sich engagiert, sein Bestes gibt und dabei mit anderen kooperiert:

  1. Verstehen: Anlass, Fakten und Ziel sind bekannt und verstanden. Sach- und Verfahrensfragen sind geklärt. Die Angelegenheit ergibt Sinn, der Nutzen ist deutlich. Das ist eine Kopfsache
  2. Annehmen: Es fühlt sich richtig an. Das ist eine Herzenssache
  3. (Mit)Tragen: Man weiß, auf welche Weise und mit welchen Mitteln man zum Erfolg beitragen kann. Das ist eine Sache der Hand

Diese Tatsache ist so banal, dass sie oft übersehen wird. Dabei sind die Leitfragen für eine Führungskraft so einfach:

  1. Welchen Gedanken möchte ich erzeugen?
  2. Welches Gefühl möchte ich auslösen?
  3. Welche Handlung möchte ich bewirken?

Diese Fragen eignen sich gleichermaßen gut zur

  • Handlungsplanung (etwa: Was muss ich bei der Formulierung der Aufgabe bedenken? Welche Fakten sind bekannt, welche muss ich übermitteln und erklären? Was sind Anlass und Ziel? Worin liegt der Nutzen für die Organisation und auch für meine MitarbeiterInnen?)
  • Verständniskontrolle (etwa: Wie stelle ich sicher, dass Kopf, Herz und Hand angesprochen sind? Wie erfahre ich, wo es eventuell hakt? Welche Hindernisse oder Konflikte sollten noch ausgeräumt werden?)
  • Verlaufs- und Ergebniskontrolle (etwa: Was behindert(e) den Erfolg? Weshalb läuft / lief es richtig gut?)

Und beim Lesen merken Sie bereits: Um mit diesem scheinbar einfachen Instrument leicht und wirksam umgehen zu können, brauchen Sie

  • Kenntnis, Verständnis und Akzeptanz der individuellen Persönlichkeiten, Motivationsstrukturen und Handlungsvorlieben
  • gegenseitiges Vertrauen
  • eine belastbare Kultur der Zusammenarbeit

Heißt also: Regelmäßige Kommunikation über das reine Tagesgeschehen hinaus. Denn nur so entwickeln Sie ein Gespür dafür, in welcher Situation und im Austausch mit welchem Menschen Sie besonders den Kopf, das Herz oder die Hand ansprechen sollten, um besonders leicht und wirksam zu führen.

Selbstfürsorge

von Stefan Goes

Der eine oder andere Mensch hat im Berufsalltag gelegentlich Schwierigkeiten, diese einfache Seemannsregel zu befolgen:

„Eine Hand für den Mann, eine Hand für das Schiff.“

Es ist eine sehr wichtige Regel: Denn wenn die Besatzung über Bord geht, ist das Schiff verloren. Deshalb auch nennt diese uralte Seemannsregel den Menschen zuerst.

Im komplexen menschlichen Zusammenleben geht der Blick auf das Einfache, Grundsätzliche manchmal verloren. Und so kommt es, dass manche Menschen privat oder beruflich irgendwann beide Hände nur noch für das Schiff hergeben. Und da sie ihr eigener Reeder, Kapitän und Matrose sind, führt das häufig zu Überlastung. Auch in diesem Zusammenhang hilft uns die Schifffahrt.

Handelsschiffe sollen seit über 100 Jahren eine Freibordmarke haben (im Foto links). Die Lademarken kamen später dazu (im Foto rechts). Sie werden so angebracht, dass sie nur schwer zu zerstören sind und auch in schlechtem Schiffszustand noch gut zu sehen sind. So kann schnell erkannt werden, wenn ein Schiff seine Ladegrenze erreicht hat.

Bei Menschen ist das nicht so leicht, denn ein Tattoo an einer gut sichtbaren Stelle würde nichts nützen. Menschen haben ihre „Lademarke“ innerlich und müssen also erst einmal selbst auf sich achten. Das Wort hierfür ist Selbstfürsorge.

Zurück zur Schifffahrt: Weil das Wasser nicht immer gleich gut trägt, wurden Lademarken errechnet, welche die unterschiedlichen Salzgehalte, Wassertemperaturen und Wetterbedingungen berücksichtigen. Auch hier ist der Übertrag auf das Menschliche recht einfach: In unterschiedlichen Lebenssituationen sind wir unterschiedlich belastbar.

Bei den meisten Schiffen kann also nicht mehr geschummelt werden. Viele Menschen aber beschummeln sich gelegentlich oder sogar dauerhaft selbst, indem sie sich zu viel Last aufladen oder kaum noch auf ihre eigene Sicherheit achten. Deshalb hier fünf hilfreiche Fragenbündel:

  1. Mit was für einer Art von Schiff würde ich mich aktuell vergleichen? Wofür ist dieses Schiff am besten geeignet?
  2. In welchem Zustand befindet sich dieses Schiff gerade? Ist die Mannschaft gut ausgebildet, gesund und motiviert?
  3. Werden die Wartungsintervalle eingehalten und gut ausgeführt? Gibt es überhaupt Wartungsintervalle oder wird auf Verschleiß gefahren?
  4. Sind Freibord- und Lademarken (an der richtigen Stelle!) angebracht und gut zu erkennen?
  5. In welchen Gewässern ist es unterwegs? Wie ist dort gerade das Wetter? Sind Mannschaftsstärke und Ladungsmenge daran angepasst?

Falls Sie eine oder mehrere Fragen nicht zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnten: Was ließe sich tun, um bald eine angenehmere Antwort geben zu können?

Die Details für Interessierte

Seitenhöhe

Die Seitenhöhe ist der senkrechte Abstand, gemessen von der Oberkante des Kiels bis zur Oberkante des Freiborddecksbalkens (Decksstrich) an der Bordseite. Durch sogenannte wirksame Aufbauten kann die Seitenhöhe auch größer als die Höhe des Freiborddecks sein. Insbesondere bei Fähren ist dies der Fall.

Freibord

 Freibord ist der mittschiffs senkrecht nach unten gemessene Abstand des Freiborddecks (am Schiffsrumpf markiert durch die Oberkante des Decksstrichs) zur Oberkante der Freibordmarke bzw. der entsprechenden Lademarke oder der tatsächlichen Wasserlinie. Der Freibord verringert sich beim Eintauchen des Schiffs durch Beladung zugunsten des Tiefgangs. Der aktuelle Freibord ist anhand der Markierungen auf dem Rumpf des Schiffs jederzeit von außen kontrollierbar. Der angegebene, mindestens einzuhaltende Freibord gewährleistet genügend Auftrieb, um das Schiff in jedem Seegang stabil zu halten.

Freibordmarke

Die Freibordmarke (auch Plimsoll-Marke nach Samuel Plimsoll, der sie in den 1870ern einführte) gibt die Grenze für den infolge Beladung veränderlichen Freibord des Schiffsrumpfes an. Sie befindet sich bei Handelsschiffen auf halber Schiffslänge in der Nähe des Hauptrahmenspants beidseitig am Rumpf des Schiffes, genau unterhalb des Decksstrichs, der die Lage des Freiborddecks markiert. 

Die Freibordmarke besteht aus einem Ring von 300 Millimetern (12 Zoll) Außendurchmesser, der durch einen waagerechten Strich von 450 Millimetern (18 Zoll) Länge und ebenfalls 25 Millimetern (1 Zoll) Breite geschnitten wird; die Oberkante des Striches verläuft durch den Mittelpunkt des Ringes. 

Diese Marke soll – etwa durch Aufschweißung von Stahl – so dauerhaft markiert sein, dass sie auch bei Abblättern der Farbe noch erkennbar bleibt. 

Der Abstand der Freibordmarke vom Decksstrich (Oberkante Strich bis Oberkante Strich) entspricht dem Sommerfreibord bei Seeschiffen in Salzwasser. 

Die Buchstaben am Ring der Freibordmarke bezeichnen die Klassifikationsgesellschaft (115 mm Schriftgröße):

  • GL – Germanischer Lloyd
  • AB – American Bureau of Shipping
  • IR – Indian Register of Shipping
  • LR – Lloyd’s Register of Shipping
  • BV – Bureau Veritas
  • NK – Nippon Kaiji Kyōkai
  • NV – Det Norske Veritas
  • RI – Registro Italiano Navale
  • VL – DNV GL

Lademarke

Neben der Freibordmarke (Strich mit Kreis) weisen unterschiedlich hohe Lademarken auf die erlaubten Eintauchtiefen in Wasser unterschiedlicher Dichte hin. Von einem senkrechten Strich 540 Millimeter (21 Zoll) vor dem Mittelpunkt des Ringes der Freibordmarke mit 25 mm (1 Zoll) Breite gehen mehrere gleich breite waagrechte Striche von 230 mm (9 Zoll) Länge aus. 

Die obersten zwei Stufen für Süßwasser der Binnengewässer nach hinten, also zur Kreismarke hin, vier untereinander tiefer liegende für das dichtere Salzwasser der Meere nach vorne, also weg von der Freibordmarke. So wird ein zu knappes Beieinanderliegen der Marken für kaltes Süßwasser und tropisch warmes Salzwasser vermieden und ein einprägsames Design erreicht. Es gelten jeweils die Oberkanten der Linien als markierte Höhe. Etwas darüber oder seitlich der freien Strichenden sind diese Lademarken wie folgt gekennzeichnet:

  • TF = Freibord Süßwasser Tropen („F“ für engl. Fresh Water)
  • F = Freibord in Süßwasser
  • T = Freibord in tropischem Seewasser (Salzwasser des Meers)
  • S = Sommerlademarke in Seewasser (identisch mit Freibordmarke im Kreis nach Freibordzeugnis)
  • W = Freibord in Seewasser im Winter
  • WNA = Freibord in Seewasser im Winter im Nordatlantik

Samuel Plimsoll (* 10. Februar 1824; † 3. Juni 1898) war ein britischer Abgeordneter, der gegen eine Reederschaft zu Felde zog, die absichtlich seeuntüchtige Schiffe ausfahren ließ, um bei Schiffbruch die Versicherungssumme zu erhalten. 

Er mobilisierte die öffentliche Meinung gegen Premierminister Benjamin Disraeli und die Schiffseigner für eine Gesetzesvorlage gegen nicht seetüchtige Schiffe (Unseaworthy Ships Bill). Sie führte 1890 zur Kennzeichnung aller Handelsschiffe des Königreichs mit der so genannten Freibordmarke, grafisch ein waagrechter Strich mit Kreis, die später von nahezu allen seeschifffahrttreibenden Nationen übernommen wurde.

Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Schiffsma%C3%9Fe#Freibordmarke und https://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Plimsoll am 07.10.2019

Vor dem Scheitern kommt das Auflaufen – eine kleine Überlegung

Bevor ein Schiff scheitert, also in Stücke bricht, läuft es meist auf Grund. Genau genommen ist also das Scheitern ein Ergebnis von Grundberührung vermittels Fehlnavigation.

Und nun ein kleines Gedankenexperiment: Stellen Sie sich vor, Sie wären der Kapitän eines wackeren, kleinen Küstendampfers, der alle Fahrrinnen und alle Gezeiten zwischen Büsum und Emden kennt. Der bei Wind und Wetter seinen Kurs findet. Und der, eventuell mit Vorahnung oder vollkommen überraschend, bemerkt, wie sein kleiner Dampfer beginnt, sich im Schlick festzufahren. Aufzulaufen. Wider alle Erfahrung und wider alles Können. Passiert immer wieder, können Sie regelmäßig lesen.

Und nun. Was tun Sie?

  1. Kurs halten und durchpflügen. Volle Kraft voraus, gleich ist wieder Wasser unter‘m Kiel!
  2. Kurs ändern und durchpflügen. Wäre doch gelacht, wenn nicht gleich wieder freie Fahrt wäre.
  3. Kurs ändern und ändern und ändern und weiter durchpflügen.
  4. Volle Kraft rückwärts. Wo es eben noch gepasst hat, ist auch jetzt alles gut.
  5. Maschine stopp und auf höheren Wasserstand warten. Wird schon wieder.
  6. Maschine stopp und die Seenotrettung anfunken. Manchmal braucht man Freunde in der Not…
  7. Schiff aufgeben und ab dafür im Rettungsboot.
  8. Sich auf der Brücke einschließen, den Rum austrinken und so tun, als schiene die Sonne.

Ich kenne meine Muster. Ist mir aber etwas zu privat, um sie hier mitzuteilen. Viel interessanter überdies: Bei welchem dieser Muster schmunzeln oder seufzen Sie?

Transfersicherung vom Anfang her

Nicht nur Personal- und Organisationsentwickler im Besonderen sondern Menschen im Allgemeinen stellen sich beim Scheitern von Vorhaben die angestrengte Frage, warum das passieren musste oder was hätte getan werden können, um den Erfolg zu sichern. Dann ist es natürlich bereits zu spät. Und genau diese Erkenntnis legt nahe, dass die Maßnahmen zur Erfolgssicherung nicht am Ende eines Beratungsprozesses oder in der Krise bedacht werden müssen sondern gleich zu Beginn.

Zur Illustration ein Beispiel aus dem Verkauf: Wenn ich mit Verkäufern oder Verhandlungsführerinnen arbeite, ist eine häufig gestellte Frage: „Wie mache ich den Sack zu?“ oder „Wie erreiche ich am Ende mein Verhandlungsziel?“ Ich antworte dann gerne etwas überspitzt, dass man das mit dem richtigen Händedruck zur Begrüßung erreicht. Soll heißen: Das ist eine Frage der Partnerorientierung und situativen Flexibilität.

Die oben skizzierte Frage kam neulich in einer Runde von Coaches und Personalentwicklerinnen auf. Analog zum guten Verkaufsgespräch ist meine Idee hierzu: Gleich zu Beginn die individuellen Gelingensbedingungen prüfen!

Neben der selbstverständlichen, SMARTen Zielformulierung sind entscheidende Parameter

  1. Haltung und bindende Selbstverpflichtung, etwa:
    Wie sehr will ich das Ziel erreichen? Wie stark identifiziere ich mich mit dem Ziel? Wieviel Anstrengung bin ich bereit aufzuwenden? Wie stark fühle ich mich dem Vertrag mit mir selbst verpflichtet?
  2. Ressourcen und Möglichkeiten, etwa:
    Wieviel Zeit und Geld will ich investieren? Wer wird mich unterstützen können? Wie weit reicht mein Einfluss und wie stark ist er? Welchen Handlungsspielraum habe ich?
  3. Hindernisse und Gegenspieler, etwa:
    Welche bekannten oder erwarteten Hindernisse werde ich auf dem Weg antreffen? Welche menschlichen und prozesseigenen Gegenspieler sind Teil der Aufgabe?

In diesem Zusammenhang unerlässlich ist die Frage nach dem persönlichen Motivationsmuster und den Einflüssen auf die Fähigkeit zur Anstrengung:

  1. Anreizmuster:
    Werden persönliche Motivstrukturen eher angeregt durch Angst vor Gefahr und Verlust, durch Verwirrung oder durch Chancen- und Nutzenorientierung?
  2. Motivstruktur:
    Wie fördern oder behindern die persönlichen Motive den Willen zur Anstrengung und wie passen sie zur Aufgabe? Diese kleine Auswahl von Motiven kann die Fragestellung verdeutlichen: Erfolg, Qualität, Macht, Ansehen, Zugehörigkeit, Sicherheit, Sinn, Werte, Spaß, Abenteuerlust
  3. Schwierigkeitsschwelle:
    Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen bereit und in der Lage sind, sich in dem Maße anzustrengen, wie der empfundene Schwierigkeitsgrad steigt. Und dass die Motivation fast auf Null fällt, sobald etwas als „zu schwierig“ empfunden wird. Diese Schwierigkeitsschwelle wird stark beeinflusst durch Stimmung.

Aus diesem Sachverhalt ergibt sich, dass die Erfolgsparameter mit der Motivationsstruktur abgegeglichen werden müssen, bevor der erste Schritt getan wird. Diesen Sätzen sollte dann zugestimmt werden können:

  • Das Ziel passt zu Anreizmuster und Motivstruktur
  • Der Weg zum Ziel passt zu Anreizmuster und Motivstruktur
  • Haltung und Treue zur Selbstverpflichtung werden durch Ressourcen und Möglichkeiten gut unterstützt und sind den durch Hindernisse und Gegenspieler gestellten Herausforderungen gewachsen
  • Es ist bekannt, unter welchen Bedingungen die Schwierigkeitsschwelle überschritten wird und welche Einflüsse die Position der Schwelle verschieben
  • Aus der Konstellation entstehende Bedrohungen des Zielerreichungsprozesses sind identifiziert und Lösungen sind skizziert (Aufgeben, Plan B, …)

Die fünf Tore zur Freiheit

von Stefan Goes

Viele Menschen wünschen sich, in bestimmten, wieder kehrenden Situationen erfolgreicher handeln zu können. Wie etwa im Kundengespräch, im trauten Kreise der Familie, im Straßenverkehr, bei der allgemeinen Lebensführung oder in anderen schönen Konfliktsituationen. Die meisten Menschen nehmen sich vor, aus Fehlern zu lernen, den Mut zusammen zu nehmen oder was auch immer besser zu tun.

Trotzdem landen sie erstaunlicherweise häufig wieder bei den gleichen Ergebnissen wie zuvor. Wie das kommt, erklärt sich ganz einfach:

Handeln folgt Planen folgt Zielen folgt Haltung folgt Geschichte folgt Handeln

Freiheit1

Und wie so oft ist das Problem die Lösung. An jeder Station kannst du einen neuen Weg gehen.

Fünf Tore in ganz neue Freiheit!

Freiheit2

Dilemma? Tetralemma!

von Stefan Goes

Albert Einstein wird gerne zitiert mit dem Aphorismus, dass Wahnsinn sei, fortwährend dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.

Kinder lernen schnell, dass das nicht geht, wenn sie das runde Hölzchen durchs dreieckige Loch stecken wollen. Sie reifen heran und die Aufgabenstellungen werden komplexer. Und irgendwann passiert es dann: Wir versuchen, was nicht passt, passend zu machen. Viele Handwerker sagen das gerne, männlich schmunzelbrummend. In Wirklichkeit sieht es hier aber auch nur so aus, als täten sie fortwährend dasselbe, bis das Ergebnis stimmt. Tatsächlich aber sind sie einfach beharrlich und verformen die Realität (i.e. das Werkstück durch Einsatz von mehr Energie) oder sie wechseln die Technik. So machen das wohl alle Pragmatiker. Und irgendwie klappt es dann auch meist. Die wirklich harten Fälle sind m.E. Akademiker und überforderte Führungskräfte, am besten in Personalunion.

Die eigene Fach- und Problemlösungskompetenz wird überschätzt bzw. herbeigesummt und dann geht es oft nach diesen Mustern:

1. Ressourceneinsatz erhöhen: „Mehr Menschen, mehr Zeit, mehr Geld – das muss doch was bringen!“
2. Durchhalten: „Das wird schon, wenn wir uns nur genug anstrengen!“
3. Aussitzen: „Hinterhuber, kümmern Sie sich mal um die Angelegenheit!“

Häufig haben diese Muster ihre Ursache in der mangelnden Bereitschaft oder Fähigkeit, den eingeschlagenen Weg zu verlassen und etwas Neues zu wagen. Das liegt selten an der Führungskraft oder der Expertin allein, sondern meist auch am (Führungs)Umfeld. Dieser Lösungsstau führt dann häufig zu einer Art Tunnelblick, aus dem Polylemma zum Trilemma und schließlich zum Entweder-Oder-Dilemma. Der Karren steckt fest. Was tun?

Ein Weg kann sein, die indische logische Figur des Tetralemmas auf Entscheidungsprozesse anzuwenden, wie es zuerst Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer taten. Der Weg führt über fünf Positionen:

1. Das Eine
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein“ = weiter zu:
2. Das Andere
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein = weiter zu:
3. Beides (Kompromiss und 20 weitere  Subtypen)
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein“ = weiter zu:
4. Keines von Beidem
Hier wird es spannend, denn nun bin ich zurück auf ‚Los!‘ oder muss meine Frage überdenken.
Und, wenn Sie wollen, gehen Sie noch einen Schritt weiter:
5. All dies nicht und selbst das nicht
Mit etwas Mut die totale Befreiung aus dem gesamten Dilemma. Der Weg führt dann gelegentlich nicht nur aus dem Problem hinaus, sondern auch aus dem sozialen System, sprich: Man verlässt die Organisationseinheit oder das Unternehmen. Meist jedoch führt diese Entscheidung zu einer neuen, wenn auch nicht konfliktarmen, Stufe der Kreativität.

Respekt

Eine grobe Vorstellung davon, was Respekt ist, wird wohl jeder von uns haben. Kennt man doch Aussagen wie „Hab doch mal ein bisschen Respekt!“ „Die Jugend sollte Respekt vor dem Alter haben“ oder ganz einfach „Respekt!“. Doch was genau führt zu Respekt, wie fühlt sich Respekt an und woran erkennt man eigentlich eine respektvolle Person?

Diesen Fragen gingen wir mit mehreren Führungskräfte-Runden nach und heraus kam dabei dieses:

Bildschirmfoto 2015-04-09 um 15.59.56

Nun sind Sie gefragt: Überlegen Sie doch auch einmal, wo für Sie persönlich Respektquellen liegen, was Respekt als Zustand bedeutet und woran man Respekt Ihrer Meinung nach erkennen kann.

 

Prozess- vs. Ergebnisorientierung

von Stefan Goes

Neulich arbeitete ich mit einem Team, das sich sehr belastet fühlt dadurch, dass Kollegen aus anderen Bereichen sich nicht an die Regeln der Zusammenarbeit halten (Stichworte Zuständigkeiten / Abläufe). Von mir wollten die Mitarbeiterinnen wissen, wie sie die Kollegen zur Regeltreue bewegen könnten. Schon nach meinen ersten weisen Worten unterbrach mich der ebenfalls anwesende Teamleiter: „Das geht nicht ganz so leicht. Wir arbeiten hier nicht process driven, sondern results driven.“. Ein wichtiger Einwand, der die weitere Diskussion zu fokussieren half. Weder den Verlauf, noch das Ergebnis möchte ich hier nennen, sondern vielmehr ein paar Gedanken auf den vermeintlichen Gegensatz verwenden.

Die Vorteile von Prozessorientierung sind deutlich:

  • Ausgehend von der Annahme, dass die Prozessregeln von den Betroffenen als klar und sinnvoll (wenn auch gelegentlich lästig) verstanden werden, bieten sie Orientierung und dienen gegebenenfalls als „Schiedsrichter“
  • Prozessregeln haben den Vorteil, dass sich leicht erkennen lässt, was funktioniert und was nicht, was zueinander gehört und was getrennt sein darf oder soll
  • In Prozesse, sofern sie gut dokumentiert sind, lässt sich leicht eingreifen; Prozessfremde, wie neue Mitarbeiter oder Berater, können sich im Idealfall einen schnellen Überblick verschaffen und flink mit der Arbeit beginnen

Und natürlich hat auch die Ergebnisorientierung viel für sich:

  • Aufgaben können schnell und pragmatisch angefasst werden. Langes „Geschnacke“ kann entfallen
  • Die richtigen Menschen für die Aufgabe können ohne Hierarchiewirrwarr schnell eingesetzt werden
  • „Der Weg ist das Ziel“? Hier wohl eher umgekehrt. Der Weg wird zweitrangig, wenn nur das Ergebnis stimmt

Beim Lesen sind Ihnen sicher noch mehr Vorteile für die jeweilige Orientierung eingefallen. Und natürlich auch die Nachteile. Und natürlich auch die Lösung:

Prozesse funktionieren nur, wenn man auch mal gegen ihre Regeln verstößt. Und auch ergebnisorientiertes Handeln profitiert von dem Kennen und Befolgen von (ungeschriebenen) Regeln.

Wussten Sie auch schon. Genau. Zum Glück geht es in diesem Blog nicht um Theorie, sondern um Praxis. Hier zwei Beispiele zur eigenständigen Bemühung Ihrer Gehirnmasse:

  1. In einem regional tätigen, mittelständischen, inhabergeführten Unternehmen wurde viel Zeit auf das Entwerfen eines Geschäftsprozesses samt Prozesshandbuch verwendet. Dies schien nötig, weil die Mitarbeiterzahl sich in zehn Jahren um das Zehnfache erhöht hat. Der Überblick ging verloren, die erwartbaren Konflikte im Ablauf und zwischen Menschen traten ein. Die Prozessorientierung verhalf Führung, Management und Mitarbeitern zum Überblick. Mittlerweile zeigt sich, dass die Entscheidung richtig war, doch etwas überambitioniert umgesetzt wurde. Die Prozesslandkarte ist sehr komplex, das Management oft genervt. Und wenn was nicht klappt: Es war der Prozess! Was würden Sie tun, wenn Sie 10% mehr Ergebnisorientierung (bitte nicht verwechseln mit Zielorientierung!) ins System geben dürften?
  2. Ein weltweit agierendes, mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit Niederlassungen auf allen Kontinenten außer der Antarktis hat sich maximale Kundenorientierung auf die Fahne geschrieben. Abgeleitet daraus ist die Ergebnisorientierung. Das Unternehmen ist im Gegensatz zum Wettbewerb hoffnungslos erfolgreich. Der Ansatz stimmt also. Bloß viele Mitarbeiter sind sehr angestrengt und es gibt viele Konflikte, weil meist, wenn Mitarbeiter A Kollegin B wieder einmal auf den Fuß getreten ist und sie Regeltreue anmahnt, schallt ihr gern fröhlich entgegen: „Sorry, we need results!“ Was würden Sie tun, wenn Sie 10% mehr Prozessorientierung ins System geben dürften?

Viel Spaß beim Tüfteln!

5 Fragen an Mächtige

von Stefan Goes

Der britische Politiker Tony Benn (1925-2014) formulierte (in etwa so) diese fünf Fragen an Menschen mit Macht:

  1. Über wen oder was  hast du Macht?
  2. Woher hast du sie?
  3. In wessen Interesse übst du sie aus?
  4. Wem bist du verantwortlich?
  5. Was tue ich, damit du sie wieder loslässt?

So kann man also auch eine Führungskraft fragen. Am besten ist es natürlich, jede Führungskraft fragt sich das regelmäßig selbst.

Vertrauensarbeitszeit

von Stefan Goes

In vielen Unternehmen gibt es die sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“. Wikipedia definiert das so: „Vertrauensarbeitszeit (auch Vertrauensgleitzeit, Vertrauensarbeit oder Vertrauenszeit genannt) ist ein Modell der Arbeitsorganisation, bei dem die Erledigung vereinbarter Aufgaben im Vordergrund steht, nicht die zeitliche Präsenz des Arbeitnehmers. Es ist ein Modell der Arbeitsorganisation, nicht der Arbeitszeit, und der Arbeitnehmer ist selbst für die Gestaltung und Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich. Die Verantwortung zur Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Arbeitszeitregelungen liegt jedoch weiterhin beim Arbeitgeber.“ (2.9.14)

Dieses mir grundsätzlich sympathische Modell möchte ich hier nicht diskutieren, sondern auf die praktische Umsetzung der Idee des Vertrauens eingehen.

Punkt 1: Wer vertraut wem? Und warum muss das explizit genannt werden? Im Umkehrschluss heißt das doch, dass sich die Vertragspartner normalerweise nicht gegenseitig vertrauen können?

Punkt 2: Viele Menschen begeben sich in Anstellungsverhältnisse, gerade weil sie nicht unternehmerisch denken möchten oder können. Das heißt, das ihnen entgegen gebrachte Vertrauen überfordert sie.

Punkt 3: Führungskräfte sind in einem solchen Konstrukt besonders gefordert, das in sie gesetzte Vertrauen zu erfüllen: Von Klienten höre ich, dass sie ackern, um alles zu schaffen, und dabei nicht darauf vertrauen können, quantitativ nicht überfordert zu werden. Gleichermaßen wird mir berichtet, dass erstaunlich viele Menschen Mittel und Wege finden, sich in diesem Arbeitsorganisationsmodell allein zu ihrem Vorteil einzurichten. Führungskräfte sind also besonders gefordert, Übereifrige vor sich selbst und den Anforderungen des Unternehmens zu schützen sowie Untereifrige davor zu schützen, sich durch Untererfüllung in eine unangenehme Situation zu bringen.

Wie bin ich eigentlich auf das ganze Thema gekommen? Wahrscheinlich, weil ich von zu vielen Beispielen weiß, wo der gute Ansatz durch den Mangel an Vertrauen, Respekt und Kooperativität zerstört wird. Und weil ich von sehr vielen Kunden höre, dass es recht egal ist, wie die Organisation von Arbeit formell geregelt ist, wenn Vertrauen, Respekt und Kooperativität (vor)gelebt werden.