5 Fragen an Mächtige

von Stefan Goes

Der britische Politiker Tony Benn (1925-2014) formulierte (in etwa so) diese fünf Fragen an Menschen mit Macht:

  1. Über wen oder was  hast du Macht?
  2. Woher hast du sie?
  3. In wessen Interesse übst du sie aus?
  4. Wem bist du verantwortlich?
  5. Was tue ich, damit du sie wieder loslässt?

So kann man also auch eine Führungskraft fragen. Am besten ist es natürlich, jede Führungskraft fragt sich das regelmäßig selbst.

Freiheit vs. Kontrolle

von Stefan Goes

Aus unseren Gefühlen und Gedanken folgt unser Handeln. Dieses Handeln, ja oft sogar das Denken und Fühlen selbst, unterliegt dem Spannungsfeld aus Freiheit und Kontrolle:

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Diese Spannung kann erstens in einem Menschen selbst zwischen Mitgliedern seines „inneren Teams“ ( Engelchen und Teufelchen, Hippie und Pastor) anliegen, zweitens zwischen einem Menschen und abstrakten Denkkonstrukten wie Werten, Ethik, Bräuchen, Regeln und Gesetzen oder drittens zwischen verschiedenen Menschen.
Diese Auseinandersetzung erfolgt vor dem Hintergrund dieser fünfgliedrigen Handlungsskala:

können – wollen – dürfen – sollen – müssen

Die unabwendbare Art des Abweisens

von Stefan Goes

Häufig sagen wir, um einem Thema auszuweichen „Darüber könntest du mit N. sprechen.“ (konstruktiv) oder „Das ist nicht mein Thema.“ (sachlich) oder vielleicht sogar „Das interessiert mich nicht.“ (ehrlich aber unhöflich). Auf diese Ausweichmanöver sind unsere Gesprächspartner vorbereitet; es fällt ihnen meist etwas dazu ein: „Ich halte dich aber für die richtige Person.“, „Na, ich finde schon und zwar, weil …“ oder „Da bin ich aber erstaunt.“. Großartig finde ich deshalb diesen Satz, den in einer Folge von Lilyhammer Frank Tagliano alias Giovanni Hendriksen anbringt: „Sie verwechseln mich mit jemandem, den das interessiert.“ Die Verantwortung liegt vollkommen beim Gesprächspartner, dem Dummerchen! Wirksam wie eine Neutronenbombe. Deshalb leider nur selten anwendbar. Schade.

 

Grade der Freiheit

von Stefan Goes

Menschen bewegen sich gewöhnlich in diesem Handlungsspektrum: können – wollen  – dürfen – sollen – müssen
Dieses Spektrum ist folgendermaßen definiert:

  • Das Können und das Wollen sind freie Handlungen
  • Das Dürfen unterliegt einer Erlaubnis, das Sollen einer Empfehlung durch gesellschaftliche, fremde oder eigene Werte oder Regeln
  • Das Müssen unterliegt einem Zwang durch gesellschaftliche, fremde oder eigene Werte oder Regeln

Wirklich freies Handeln liegt also nur im Wollen und Können vor.
Das Dürfen und Sollen ist bedingt frei, wenn die Erlaubnis oder die Empfehlung von mir selbst ausgeht.
Das Dürfen und Sollen sind eher unfreie Handlungen, wenn sie von anderen ausgehen.
Das Müssen seinerseits ist reiner Zwang, selbst, wenn ich ihn mir selbst antue.

Wenn also das Müssen und das Sollen die unfreiesten aller Handlungen sind, erstaunt es doch, dass so viele Menschen Sätze formulieren wie „Ich muss nachher noch…“, „Ich wollte eigentlich nicht aber ich hatte keine andere Wahl.“ Oder glauben, andere wirksam erreichen zu können, indem sie Dinge sagen wie „Vielleicht sollten Sie mal…“ oder „Sie müssen das doch verstehen.“

„Unterbrechen“ und „ins Wort fallen“: Fluch und Segen dieser Gesprächs-Methode

von Stefan Goes

Wer kennt sie nicht, diese Menschen, die andere – oft nicht einmal sich selbst – selten in Ruhe ausreden lassen. Und wer kennt sie nicht, diese Menschen, die eher dazu neigen, sogar noch einen (langen) Augenblick zu warten, bis sie auf einen Gesprächsbeitrag reagieren. Diese extreme der Organisation des Sprechwechsels empfinden wir in bestimmten Situationen als anstrengend oder sogar unpassend, in anderen Situationen hingegen als sinnvoll oder angenehm. Wie kommt das?
Werfen wir einen Blick auf häufige Motive, überhaupt das Wort ergreifen zu wollen:

  • Verstand: einen konstruktiven Beitrag leisten zu wollen
  • Gefühl: Aufmerksamkeit erhalten, dazu gehören, Anerkennung oder Liebe bekommen
  • Selbstwertgefühl: „Der Beitrag ist wertvoll, weil ich wertvoll bin.“
  • Beziehungsgestaltung: den Status in der Gruppe erhöhen
  • Spaß: „Mitspielen“ wollen, z.B. in kreativen Prozessen oder in scherzhaften Situationen

Für den einvernehmlichen Sprechwechsel gibt es verschiedene Regeln, die jedeR unbewusst oder bewusst kennt und anwendet. Der nicht einvernehmliche Sprechwechsel findet quasi gegen den Willen des oder der Sprechenden statt, in dem man diese unterbricht. Häufige Motive hierfür sind:

  • Ungeduld / Eifrigkeit: der einvernehmliche Sprechwechsel kommt etwas zu früh (-;
  • Vorwissen: Was meinE PartnerIn gerade berichten möchte, weiß ich schon.
  • Besserwissen: MeinE PartnerIn „erzählt Unsinn“; ich weiß es besser.
  • Machtanspruch: Wer das Rederecht verteilt, ist der oder die Mächtigste in der Gruppe. Wer ungestraft unterbrechen darf, hat Hochstatus.
  • Gefahr abwenden: MeinE PartnerIn ist im Begriff, sich selbst anderen oder mir durch IhreN Beitrag Schaden zuzufügen
  • Nähe: eng verwandt mit Vorwissen. Es gibt Situationen, in denen sich alle freudig gegenseitig ins Wort fallen und die Sätze der anderen beenden, weil sie einander so vertraut sind.

Leicht zu erkennen: In der Minderzahl sind partnerschaftliche Motive. Egozentrik überwiegt. Also: Lassen Sie sich selbst und andere öfter mal ausreden!

Karl Bühlers „speech appeal“

von Stefan Goes

Der deutsche Sprachpsychologe Karl Bühler schrieb 1934 den schönen Satz: „Es gibt, wie heute jeder weiß, einen sex appeal, neben welchem der speech appeal mir als ebenso greifbare Tatsache erscheint.“ Obwohl diese fast banale Feststellung sich so leicht nachvollziehen lässt, hat sich der Begriff leider nicht durchgesetzt. Doch das ist eigentlich auch egal – Hauptsache, der speech appeal wirkt. Menschen zum Lachen zu bringen, war schon immer ein guter Weg zu ihrem Herzen. Und kluge, präzise Gesprächsführung beeindruckt oft. Achten Sie doch einmal darauf, wen in Ihrer Umgebung Sie wegen ihrer oder seiner geschickten Verwendung der Sprache attraktiv finden!

Defizit-orientierte Personalentwicklung

von Stefan Goes

Auch wenn in Personalerkreisen und in Selbstverbesserungsliteraturecken das Motto „Stärken stärken“ mittlerweile fast schon wieder abgenutzt ist, scheint der Grundgedanke dahinter noch bei Wenigen wirklich verinnerlicht zu sein. Ich spreche von der Förderung und Entwicklung von persönlichen Stärken statt dem Überwinden von Defiziten. So bin ich selbst lange mit mir umgegangen und habe dementsprechend – und weil es fast ausschließlich so verlangt wurde – auch so gearbeitet. Das Prinzip: Jemandem „fehlt“ etwas oder von etwas Ungutem ist zu viel da. Stimmte ja oft auch aber der Ansatz ist dennoch falsch.
Natürlich schadet es selten, sinnlose oder abträgliche Verhaltensmuster zu erkennen und durch etwas „Besseres“ zu ersetzen, genau so wenig, wie es selten schadet, sich ein Defizit anzusehen und zu überlegen, wie man es ausgleichen könnte. Doch das ist oft sehr mühsam und man schaut und fühlt die ganze Zeit auf das Ungewollte und das noch nicht erreichte Ersehnte. Viel einfacher und motivierender ist es, sich auf die eigenen persönlichen, methodischen und fachlichen Stärken zu konzentrieren. Was man schon besitzt und beherrscht, kann man oft mit Freude und schnellen Fortschritten erweitern und verfeinern.
Nach wie vor kommen Klienten häufiger zu mir, weil sie etwas loswerden, überwinden oder ausgleichen möchten, statt eine persönliche Eigenschaft oder Fertigkeit weiter entwickeln zu wollen. Diese Perspektive erlaube ich mir immer öfter nicht zu teilen. Vom Ziel zurück auf den Menschen schauend findet sich grundsätzlich ein Lernweg, der auf den vorhandenen Stärken aufbaut. Beispiele gefällig?
1) Introvertierter, strategischer Controller lernt, statt durchsetzungsstärker und redegewandter zu werden, gezielt zu schweigen und seine wenigen Sätze noch prägnanter zu formulieren.
2) Abenteuerlustiger und freiheitsliebender Inhaber-Unternehmer lernt, seine Neugier mit Hilfe systemischer Fragemethodik zur wertschätzenden Mitarbeiterführung einzusetzen.
3) Erfolgreiche Marketing-Fachfrau richtet ihren Anspruch an absolute Perfektion nicht mehr gegen sich, sondern setzt ihn lieber zur Vorbereitung von Kunden- und Partnergesprächen ein – mit dem Focus auf der Verantwortlichkeit für das Gelingen bei allen Beteiligten statt nur bei sich selbst.

Demo-Kinder

von Stefan Goes

Wenn erwachsene Menschen protestierend für oder gegen etwas auf die Straße ziehen, tun sie dies oft lärmend, also mit Rasseln, Trommeln, Tröten und Pfeifen.
Ich kann mir nicht helfen: Das erinnert mich immer an hilflose, rebellische Kinder, die gegen ihre Eltern aufbegehren. Mit dem Fuß aufstampfen und sich mit den Fäusten trommelnd auf den Boden werfen, sozusagen. Finde ich würdelos. Wirkt ja schon bei einem Kind alleine nicht gut. Im Gegensatz dazu finde ich feinsinnige Sprechchöre oder gar stummen Protest sehr beeindruckend. Kann man sogar allein tun, ohne allzu eigenartig zu wirken.

Vertrauensarbeitszeit

von Stefan Goes

In vielen Unternehmen gibt es die sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“. Wikipedia definiert das so: „Vertrauensarbeitszeit (auch Vertrauensgleitzeit, Vertrauensarbeit oder Vertrauenszeit genannt) ist ein Modell der Arbeitsorganisation, bei dem die Erledigung vereinbarter Aufgaben im Vordergrund steht, nicht die zeitliche Präsenz des Arbeitnehmers. Es ist ein Modell der Arbeitsorganisation, nicht der Arbeitszeit, und der Arbeitnehmer ist selbst für die Gestaltung und Erfassung der Arbeitszeit verantwortlich. Die Verantwortung zur Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Arbeitszeitregelungen liegt jedoch weiterhin beim Arbeitgeber.“ (2.9.14)

Dieses mir grundsätzlich sympathische Modell möchte ich hier nicht diskutieren, sondern auf die praktische Umsetzung der Idee des Vertrauens eingehen.

Punkt 1: Wer vertraut wem? Und warum muss das explizit genannt werden? Im Umkehrschluss heißt das doch, dass sich die Vertragspartner normalerweise nicht gegenseitig vertrauen können?

Punkt 2: Viele Menschen begeben sich in Anstellungsverhältnisse, gerade weil sie nicht unternehmerisch denken möchten oder können. Das heißt, das ihnen entgegen gebrachte Vertrauen überfordert sie.

Punkt 3: Führungskräfte sind in einem solchen Konstrukt besonders gefordert, das in sie gesetzte Vertrauen zu erfüllen: Von Klienten höre ich, dass sie ackern, um alles zu schaffen, und dabei nicht darauf vertrauen können, quantitativ nicht überfordert zu werden. Gleichermaßen wird mir berichtet, dass erstaunlich viele Menschen Mittel und Wege finden, sich in diesem Arbeitsorganisationsmodell allein zu ihrem Vorteil einzurichten. Führungskräfte sind also besonders gefordert, Übereifrige vor sich selbst und den Anforderungen des Unternehmens zu schützen sowie Untereifrige davor zu schützen, sich durch Untererfüllung in eine unangenehme Situation zu bringen.

Wie bin ich eigentlich auf das ganze Thema gekommen? Wahrscheinlich, weil ich von zu vielen Beispielen weiß, wo der gute Ansatz durch den Mangel an Vertrauen, Respekt und Kooperativität zerstört wird. Und weil ich von sehr vielen Kunden höre, dass es recht egal ist, wie die Organisation von Arbeit formell geregelt ist, wenn Vertrauen, Respekt und Kooperativität (vor)gelebt werden.

Zügellose Straßenperlen

von Stefan Goes

Welche Assoziation haben Sie zuerst, wenn Sie „zügellose Straßenperlen“ lesen? Es gibt viele Möglichkeiten zur Assoziation:
zügellos: bei Duden online:
Bedeutung: alle Schranken der Vernunft und der Sittlichkeit außer Acht lassend, ohne jedes Maß, hemmungslos.
Synonyme: ausschweifend, enthemmt, fessellos, hemmungslos, leidenschaftlich, maßlos, ohne Hemmungen, ohne [jedes] Maß, orgiastisch, schamlos, überspannt, unbeherrscht, unersättlich, ungehemmt, ungeniert, ungezügelt, unkontrolliert, wild; (bildungssprachlich) exzessiv, undiszipliniert; (abwertend)rücksichtslos, skrupellos.

Straßen werden genutzt von Fortbewegungsmitteln aller Art aber auch an ihren Rändern ist viel los. Komposita mit /Straßen-/ gibt es viele: -kinder, -händler-, -arbeiter, -bahnerin und natürlich auch –mädchen, -hure.

Perlen schließlich gibt es als Schmuck, es können aber auch andere, hübsche Dinge oder wertvolle Menschen sein (wobei „Sie ist eine Perle“ oder ähnlich fast immer aus gönnerhafter / sozial asymmetrischer Haltung geäußert wird).

Also. Was denken Sie, wenn Sie nicht längst im Web nachgesehen haben? Ich jedenfalls habe sie hier kennen gelernt: http://www.sattelfest.org