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Schlüsselwörter und Interjektionen – Gespräche steuern mit Minimalaufwand

von Stefan Goes

Aus der Werkzeugkiste der Sprachmagie habe ich Ihnen für diesen Beitrag zwei kleine aber hochwirksame Zaubermittel heraus gesucht: die Schlüsselwörter und die Interjektionen.

Schlüsselwörter

Was tun Schlüssel? Sie öffnen Verschlossenes und geben Zugang zu Neuem. Genau dies tun Schlüsselwörter auch. Ihr Schlüsselbart besteht aus mindestens einer gedanklichen Verbindung (Assoziation) und mindestens einem Gefühl. Zum Beispiel:

Verbindungen Gefühle
„Budget“ Geld, Mittel, Vorgabe, … Sicherheit, Enge, Freiheit, Ohnmacht, Aggression …

Was würde sich ändern, wenn Sie oder Ihre Gesprächspartnerin statt „Budget“ eines dieser Synonyme (Wörter mit gleicher Bedeutung) verwenden würden: „Rahmen“, „Möglichkeiten“, „Mittel“, „Grenzen“

Probieren Sie es gleich einmal aus:

Verbindungen Gefühle
Konzept

oder

Verbindungen Gefühle
Kontrolle

Zwei Ergebnisse sind sehr wahrscheinlich: Sie werden erstens eine ganze Menge gedanklicher Verbindungen gefunden haben, die zweitens ganz unterschiedliche Gefühle auslösen können. Und genau das ist der Punkt:

Was ein Mensch assoziiert, hängt von vielen Faktoren ab, wie etwa Persönlichkeit, Werte, Ausbildung, Erfahrung, Rolle oder Macht. Was ein Mensch fühlt, hängt ebenfalls von Faktoren wie den eben genannten ab und zusätzlich sehr stark von der aktuellen Situation, den Zielen und Vorannahmen / Erwartungen.

Je besser Sie also Ihren Gesprächspartner kennen oder sich in sie hinein versetzen, desto eher wählen Sie das Schlüsselwort, welches die Tür zum richtigen Raum öffnet: Verlangen, Schmerz, Sorge, Angst, Gier, Sicherheit, Freude, Abenteuer.

Achten Sie doch die nächsten zwei Wochen einmal darauf, wie Sie und Ihre Gesprächspartner auf unterschiedliche Wörter reagieren und probieren Sie etwas Neues aus.

Interjektionen oder auch „Dazwischenwürfe“

Wie bringen Sie eine Partie Golf oder ein Handballspiel durcheinander? Wie bringt man jemanden am besten aus dem Konzept oder dringt in ihren Monolog ein? Richtig: Indem man etwas ins Spiel wirft. Einen Ball oder ein einziges Wort. Nichts anderes sind die sogenannten Interjektionen (lat. „Einwürfe“ oder „Dazwischenwürfe“). Immer geht:

M-m. Ääh. Ja. Ach. OK. So.

Und zwar mit steigender, schwebender oder sinkender Stimmmelodie. Testen Sie es selbst, zwischen diesen drei Betonungen liegen Welten.

Kontextabhängig werden Sie auch schon einmal spezifischere Wörter verwendet haben, so wie etwa tatsächlich, nein, oha, unglaublich.

Diese Interjektionen dienen nicht nur der Verwirrung, sondern können auch sehr gut benutzt werden, um das Rederecht zu übernehmen. Das geht ganz einfach, indem Sie von der Intonation höflicher, interessierter Rückmeldesignale wie „mhm“ oder „jaha“ übergehen zu der Intonation für Rederechtbeanspruchung wie „m“, oder einem sehr kurzen „ja“. Binnen kurzer Zeit werden Sie die Gelegenheit erhalten, einen eigenen Gesprächsbeitrag zu lancieren.

Hören Sie in den nächsten zwei Wochen ganz genau hin; Sie werden merken, wie jedes Gespräch durch diese kleinen Wörter gesteuert wird. Und probieren Sie es einmal aus, es macht Spaß!

Erkennt man Lügner an ihrer Sprache?

von Karin Saal

Dass es gerade im Bereich von Sicherheitskontrollen, z.B. an Flughäfen, von enormer Bedeutung ist, Lügen schnell zu enttarnen, daran besteht kein Zweifel. Aber wie genau entlarvt man jetzt einen Lügner?

Bislang setzte das Sicherheitspersonal in fast allen Bereichen auf die Suche nach sogenannten suspicious signs, auf verdächtige Anzeichen in der Mimik und Gestik oder nonverbale Ausrutscher, die auf eine gewisse Nervosität, Anspannung oder Aggressivität der Fremden hinweisen. Bei dieser Methode liegt die Trefferquote jedoch bei unter 5%, so das Ergebnis eines sechsmonatigen Doppelblindversuches zur Flughafensicherheit.

In dieser Studie testeten die britischen Forscher Thomas Ormerod (University of Sussex) und Coral Dando (University of Wolverhampton) ihre neu entwickelte Befragungstechnik Controlled Cognitive Engagement (CCE) an sieben internationalen Flughäfen (Heathrow, Gatwick, Manchester, Schiphol, Paris-Charles de Gaulle, Mailand und Frankfurt am Main). Für ihre Studie ließen sie insgesamt 204 falsche Passagiere mit Lügengeschichten im Routinebetrieb fliegen. 97 der Sicherheitsbeamten wurden je eine Woche theoretisch sowie praktisch in die neue Methode eingeführt. Die CCE-Methode greift die Idee auf, dass Lügen kognitive Schwerstarbeit ist, da Wahrheit und Lüge gleichzeitig im Gehirn abgefragt werden müssen. Die CCE-Methode wurde daher so konzipiert, dass sie nur die Lügner unter Druck setzt. Für diejenigen, die die Wahrheit sagen, wirkt das Interview wie ein gemütlicher Smalltalk.
Konkret könnte eine solche etwa 3-minütige Befragung so ablaufen:

Zunächst stellt der Sicherheitsbeamte viele Fragen zur Herkunft und Identität (etwa: „Woher kommen Sie?“, „Wo arbeiten Sie zurzeit?“). Anhand der Antworten erfolgt dann in einem nächsten Schritt die Befragung nach bestimmten, oft winzigen Details, die man wissen müsste, hätten die vorher gemachten Angaben gestimmt. So kann beispielsweise nach der Anzahl der U-Bahn-Stationen, die man auf dem Arbeitsweg zurücklegen muss, gefragt werden oder nach einer Baustelle, die derzeit den gesamten Verkehr lahmlegt. Wer vorher die Wahrheit gesagt hat, der gerät durch solche Fragen nicht unter Druck, ist eventuell etwas verwundert oder sogar belustigt.

Die Ergebnisse der Studie zeigen nicht nur die Überlegenheit der CCE-Methode gegenüber der geläufigen Suche nach den suspicious signs, sondern auch Auffälligkeiten im Verbalverhalten der Lügenden. Während ihre Ausführungen zu Beginn des Interviews noch detailreich und lang sind, nehmen sie im Verlauf und bei zunehmender Komplexität der Fragen immer mehr an Detailgrad und Länge ab. Zudem versuchten die Interviewten häufig, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken.

Für mich stellt sich die Frage, wie das Sicherheitspersonal denjenigen auf die Spur kommen soll, die nur in einem winzigen Detail lügen, z.B. über das Ziel und den Zweck ihrer Reise. Auf Fragen nach Herkunft und Identität könnten sie ja ebenfalls entspannt reagieren, da sie hier gar nicht lügen müssen. Wie wollen die Sicherheitsbeamten also erkennen, in welchem Detail der Befragte lügt, wenn nicht seine gesamte Identität gefälscht ist?

Außerdem frage ich mich, ob und wie eine einfache 2-wöchige Schulung des Sicherheitspersonals ausreichen kann, um solch komplexe psychologische Einschätzungen vornehmen zu können. Wären hier nicht ausgebildete Psychologen oder Linguisten die richtige Besetzung?

 

Quellen:

http://m.welt.de/gesundheit/psychologie/article135808269/Neue-Psycho-Methode-enttarnt-Luegner-schnell.html (12.01.2015)

http://www.spektrum.de/news/wie-man-betrueger-enttarnt/1317228 (12.01.2015)

Ormerod, T. C., & Dando, C. J. (2014, November 3). Finding a Needle in a Haystack: Toward a Psychologically Informed Method for Aviation Security Screening. Journal of Experimental Psychology: General. Advance online publication. http://dx.doi.org/10.1037/xge0000030

 

Karl Bühlers „speech appeal“

von Stefan Goes

Der deutsche Sprachpsychologe Karl Bühler schrieb 1934 den schönen Satz: „Es gibt, wie heute jeder weiß, einen sex appeal, neben welchem der speech appeal mir als ebenso greifbare Tatsache erscheint.“ Obwohl diese fast banale Feststellung sich so leicht nachvollziehen lässt, hat sich der Begriff leider nicht durchgesetzt. Doch das ist eigentlich auch egal – Hauptsache, der speech appeal wirkt. Menschen zum Lachen zu bringen, war schon immer ein guter Weg zu ihrem Herzen. Und kluge, präzise Gesprächsführung beeindruckt oft. Achten Sie doch einmal darauf, wen in Ihrer Umgebung Sie wegen ihrer oder seiner geschickten Verwendung der Sprache attraktiv finden!