Die lingua-systemische Methode von Stefan Goes vereint Wissen der Angewandten Linguistik mit Prinzipien der Systemischen Beratung. Anwendungsbereich ist die zwischenmenschliche Kommunikation mit den Zielrichtungen Verständnissicherung, Steuerung und Wirksamkeit. Hintergrund dieser Methode ist die Annahme, dass Menschen in sozialen Systemen handeln. Sie sind so immer Teil ihrer Umgebung, ihrer Geschichte, ihrer Ziele und ihrer Werte. Dabei benutzen sie die Sprache als Werkzeug zur Kommunikation. Menschen denken und handeln in Sprache.
Konzept
Linguistische Kenntnisse und Methoden werden in den systemischen Rahmen eingebettet. Aus der systemischen Praxis fließen im Wesentlichen diese Aspekte / Methoden ein:
- Annahme des „Hyperrealismus“ (Humberto Maturana), d.h., niemand kann „Recht haben“, bzw. „alle haben Recht“, weil zeitgleich unendlich viele Wirklichkeiten existieren
- Grundannahme des Handelns von Menschen in sozialen Systemen
- Grundannahme des eigenverantwortlichen, sinnhaften Handelns
- Ressourcenorientierung
- Suche nach „Spielern zweiter Ordnung“, also Einflüssen durch nicht beteiligte natürliche Personen, Organisationen, unbelebte Gegenstände (wie „die Entfernung“ oder „das Medium“) und Metaspieler (wie „das Problem“, „der Prozess“, „das Produkt“)
- Einsatz systemischer Methoden wie Systemlandkarte / Soziogramm, Aufstellung mit dem Familienbrett, Perspektivwechsel, konstruktive Fragen, Reflecting Team
Aus der Soziologie fließen grundsätzliche Hinweise zur Funktion von Gruppen von Menschen ein, aus der Psychologie wird Grundlagenwissen der Personal- und Motivationspsychologie zum Einsatz gebracht und aus der Hirnforschung vornehmlich die Forschungsergebnisse von Gerhard Roth.
Das führt dazu, dass das linguistische Wissen weniger aus der Perspektive der Regeln und Werkzeuge als vielmehr der schöpferischen Tätigkeit an sich verstanden wird.
Aus der Linguistik im weiteren Sinne fließen diese Elemente ein:
- Kommunikationsmodelle
- Syntax
- Prosodie
- Semantik, Schlüsselwörter, Stilregister
- paraverbale Äußerungen
- Sprechakte, Sprachhandlungen, Turn-Taking, Gesprächsschrittpaare
- Dialogthematische Steuerung, Responsivität, Kohärenz
- Selbst- und Fremdkorrekturen
- Strategie und Taktik
- Frage- und Argumentationstechniken
Quellenverzeichnis
Bauer, Joachim: Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren. Hoffmann und Campe: Hamburg 2007.
Bierhoff, Hans Werner / Frey, Dieter (Hrsg.): Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie. Hogrefe: Göttingen et al. 2006.
Brandstätter, Veronika / Otto, Jürgen H. (Hrsg.): Handbuch der Allgemeinen Psychologie – Motivation und Emotion. Hogrefe: Göttingen et al. 2009
Becker-Mrotzek, Michael / Brünner, Gisela: „Der Erwerb kommunikativer Fähigkeiten: Kategorien und systematischer Überblick“. In: Becker-Mrotzek, Michael / Brünner, Gisela (Hrsg.): Analyse und Vermittlung von Gesprächskompetenz. Peter Lang: Frankfurt a.M. et al. 2009, S. 29-42
Biere, Bernd Ulrich / Hoberg, Rudolf (Hrsg.): Bewertungskriterien in der Sprachberatung. Narr: Tübingen 1995.
Bühler, Karl: Sprachtheorie: Die Darstellungsfunktion der Sprache. G. Fischer: Stuttgart et al. 1999.
Albert Busch / Stefan Goes: Linguistische Unternehmensberatung in Kooperation von Universität und Beratungspraxis. In: Sigurd Wichter / Albert Busch (Hrsg.): Wissenstransfer – Erfolgskontrolle und Rückmeldungen aus der Praxis, S. 67-82. Frankfurt/M. 2006.
Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft. Alfred Kröner: Stuttgart 1990.
Deppermann, Arnulf / Hartung, Martin (Hrsg.): Argumentieren in Gesprächen. Gesprächsanalytische Studien. Stauffenburg: Tübingen 2006.
Deppermann, Arnulf / Spranz-Fogasy, Thomas (Hrsg.): be-deuten: Wie Bedeutung im Gespräch entsteht. Stauffenburg: Tübingen 2006.
Deppermann, Arnulf: „Verstehen im Gespräch“. In: Kämper, Heidrun / Eichinger, Ludwig (eds.): Sprache – Kognition – Kultur. Sprache zwischen mentaler Struktur und kultureller Prägung. de Gruyter: Berlin 2006, S.225-261.
Egbert, Maria: Der Reparatur-Mechanismus in deutschen und interkulturellen Gesprächen. Verlag für Gesprächsforschung: Mannheim 2009.
Fiehler, Reinhard/Schmitt, Reinhold: „Gesprächstraining“. In: Knapp, Karlfried et al. (Hrsg.): Angewandte Linguistik: ein Lehrbuch. Francke: Tübingen, Basel 2010, S. 341-361.
Foerster, Heinz von / Pörksen, Bernhard: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners. Gespräche für Skeptiker. Carl-Auer: Bonn 2004.
Goes, Stefan: „Das ,nicht’ war zu leise!“ Untersuchungen zur kommunikativen Verarbeitung von Abweichungen in Gesprächen. Duehrkohp & Radicke: Göttingen 2001.
Goes, Stefan: Warum linguasystemische Gesprächssteuerung “Sprachmagie” heißen muss In: Dräger, Marcel / Kuhnhenn, Martha (Hrsg.): Linguistisches Wissen in Weiterbildungen zur Kommunikationskompetenz. Frankfurt/M 2016.
Goffman, Erving: The Presentation of self in everyday Life. Penguin Books: London et al. 1990.
Hausendorf, Heiko: „‚Was kommt als Nächstes?’ Fokussierungen revisited“. In: Hausendorf, Heiko (Hrsg.): Gespräch als Prozess. Linguistischen Aspekte der Zeitlichkeit verbaler Interaktion. Narr: Tübingen 2007, S. 221-247.
Hörmann, Hans: Psychologie der Sprache. Springer: Berlin 1970.
Laclau, Ernesto / Mouffe, Chantal: Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus. („Hegemony and socialist strategy“) Aus dem Englischen übersetzt und herausgegeben von Michael Hintz und Gerd Vorwallner. Passagen-Verlag: Wien 2012.
Levinson, Stephen C.: Pragmatics. Cambrigde University Press: Cambrigde 1983.
Ludewig, Kurt / Wilken, Ulrich (Hrsg.): Das Familienbrett – Ein Verfahren für die Forschung und Praxis mit Familien und anderen sozialen Systemen. Hogrefe: Göttingen et al. 2000.
Luhmann, Niklas: Einführung in die Systemtheorie. Carl Auer: Heidelberg 2004.
Luhmann, Niklas: Einführung in die Theorie der Gesellschaft. Carl-Auer: Heidelberg 2005.
Maturana, Humberto R. / Pörksen, Bernhard: Vom Sein zum Tun. Die Ursprünge der Biologie des Erkennens. Carl-Auer: Heidelberg 2002, 2008.
Mondada, Lorenza: „Turn taking in multimodalen und multiaktionalen Kontexten“. In: Hausendorf, Heiko (Hrsg.): Gespräch als Prozess. Linguistischen Aspekte der Zeitlichkeit verbaler Interaktion. Narr: Tübingen 2007, S. 247-277.
Morris, Charles W.: Grundlagen der Zeichentheorie. Ästhetik und Zeichentheorie. Hanser: München 1972.
Roth, Gerhard: Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten. Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern. Klett-Cotta: Stuttgart 2007.
Roth, Gerhard / Strüber, Nicole: Wie das Gehirn die Seele macht. Klett-Cotta: Stuttgart 2014.
Schuler, Heinz (Hrsg.): Lehrbuch Organisationspsychologie. Hans Huber: Bern 2007.
Schuler, Heinz (Hrsg.): Lehrbuch der Personalpsychologie. Hogrefe: Göttingen et al. 2001.
Selting, Magret: „Beendigung(en) als interaktive Leistung“. In: Hausendorf, Heiko (Hrsg.): Gespräch als Prozess. Linguistischen Aspekte der Zeitlichkeit verbaler Interaktion. Narr: Tübingen 2007, S. 307-337.
Streeck, Jürgen: „Geste und verstreichende Zeit: Innehalten und Bedeutungswandel der „bietenden Hand““. In: Hausendorf, Heiko (Hrsg.): Gespräch als Prozess. Linguistischen Aspekte der Zeitlichkeit verbaler Interaktion. Narr: Tübingen 2007, S.157-181.
Taylor, Talbot J.: Mutual misunderstanding. Sceptism and the Theorizing of Language and Interpretation. Duke University Press: Durham, London 1992.
Tillmann, Klaus-Jürgen; Sozialisationstheorien. Eine Einführung in den Zusammenhang von Gesellschaft, Institution und Subjektwerdung. Rowohlt: Reinbek 2001.
Watzlawick, Paul et al.: Pragmatics of Human Communication. A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes. W.W. Norton & Company: NewYork 1967.