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Prozess- vs. Ergebnisorientierung

von Stefan Goes

Neulich arbeitete ich mit einem Team, das sich sehr belastet fühlt dadurch, dass Kollegen aus anderen Bereichen sich nicht an die Regeln der Zusammenarbeit halten (Stichworte Zuständigkeiten / Abläufe). Von mir wollten die Mitarbeiterinnen wissen, wie sie die Kollegen zur Regeltreue bewegen könnten. Schon nach meinen ersten weisen Worten unterbrach mich der ebenfalls anwesende Teamleiter: „Das geht nicht ganz so leicht. Wir arbeiten hier nicht process driven, sondern results driven.“. Ein wichtiger Einwand, der die weitere Diskussion zu fokussieren half. Weder den Verlauf, noch das Ergebnis möchte ich hier nennen, sondern vielmehr ein paar Gedanken auf den vermeintlichen Gegensatz verwenden.

Die Vorteile von Prozessorientierung sind deutlich:

  • Ausgehend von der Annahme, dass die Prozessregeln von den Betroffenen als klar und sinnvoll (wenn auch gelegentlich lästig) verstanden werden, bieten sie Orientierung und dienen gegebenenfalls als „Schiedsrichter“
  • Prozessregeln haben den Vorteil, dass sich leicht erkennen lässt, was funktioniert und was nicht, was zueinander gehört und was getrennt sein darf oder soll
  • In Prozesse, sofern sie gut dokumentiert sind, lässt sich leicht eingreifen; Prozessfremde, wie neue Mitarbeiter oder Berater, können sich im Idealfall einen schnellen Überblick verschaffen und flink mit der Arbeit beginnen

Und natürlich hat auch die Ergebnisorientierung viel für sich:

  • Aufgaben können schnell und pragmatisch angefasst werden. Langes „Geschnacke“ kann entfallen
  • Die richtigen Menschen für die Aufgabe können ohne Hierarchiewirrwarr schnell eingesetzt werden
  • „Der Weg ist das Ziel“? Hier wohl eher umgekehrt. Der Weg wird zweitrangig, wenn nur das Ergebnis stimmt

Beim Lesen sind Ihnen sicher noch mehr Vorteile für die jeweilige Orientierung eingefallen. Und natürlich auch die Nachteile. Und natürlich auch die Lösung:

Prozesse funktionieren nur, wenn man auch mal gegen ihre Regeln verstößt. Und auch ergebnisorientiertes Handeln profitiert von dem Kennen und Befolgen von (ungeschriebenen) Regeln.

Wussten Sie auch schon. Genau. Zum Glück geht es in diesem Blog nicht um Theorie, sondern um Praxis. Hier zwei Beispiele zur eigenständigen Bemühung Ihrer Gehirnmasse:

  1. In einem regional tätigen, mittelständischen, inhabergeführten Unternehmen wurde viel Zeit auf das Entwerfen eines Geschäftsprozesses samt Prozesshandbuch verwendet. Dies schien nötig, weil die Mitarbeiterzahl sich in zehn Jahren um das Zehnfache erhöht hat. Der Überblick ging verloren, die erwartbaren Konflikte im Ablauf und zwischen Menschen traten ein. Die Prozessorientierung verhalf Führung, Management und Mitarbeitern zum Überblick. Mittlerweile zeigt sich, dass die Entscheidung richtig war, doch etwas überambitioniert umgesetzt wurde. Die Prozesslandkarte ist sehr komplex, das Management oft genervt. Und wenn was nicht klappt: Es war der Prozess! Was würden Sie tun, wenn Sie 10% mehr Ergebnisorientierung (bitte nicht verwechseln mit Zielorientierung!) ins System geben dürften?
  2. Ein weltweit agierendes, mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit Niederlassungen auf allen Kontinenten außer der Antarktis hat sich maximale Kundenorientierung auf die Fahne geschrieben. Abgeleitet daraus ist die Ergebnisorientierung. Das Unternehmen ist im Gegensatz zum Wettbewerb hoffnungslos erfolgreich. Der Ansatz stimmt also. Bloß viele Mitarbeiter sind sehr angestrengt und es gibt viele Konflikte, weil meist, wenn Mitarbeiter A Kollegin B wieder einmal auf den Fuß getreten ist und sie Regeltreue anmahnt, schallt ihr gern fröhlich entgegen: „Sorry, we need results!“ Was würden Sie tun, wenn Sie 10% mehr Prozessorientierung ins System geben dürften?

Viel Spaß beim Tüfteln!

Gute Gründe nichts zu sagen

von Stefan Goes

Menschen haben gute Gründe, sich nicht an einem Gespräch zu beteiligen. Die einfachste
Erklärung:

  • kein Interesse

Oft ist auch Vorsicht die Ursache:

  • Unsicherheit
  • Angst vor Schaden
    • für einen selbst
    • für andere
    • für den Gesprächsverlauf

Leicht falsch zu interpretieren sind diese Gründe, die mit Handlungspräferenzen und
Einschätzung zu tun haben:

  • Introversion
    • „Das mache ich lieber mit mir selbst aus“
    • „Ich will nicht im Mittelpunkt stehen.“
  • Gedanke, nichts Sinnvolles, Wertvolles oder Angemessenes beitragen zu können
  • Überzeugung / Einschätzung
    • „Was kann ich schon dazu beitragen?!“
    • „Die Anderen wissen es besser.“
    • „Ich kann Andere nicht überzeugen.“
    • Resignation („es nützt ja doch nichts“)
    • keine Ideen
    • zu wenig Vorwissen
  • Erst einmal verstehen und alle Blickwinkel kennen lernen wollen
  • Taktik

Gerade die letzten beiden Motive wären doch auch mal attraktiv für Vielredner?

5 Fragen an Mächtige

von Stefan Goes

Der britische Politiker Tony Benn (1925-2014) formulierte (in etwa so) diese fünf Fragen an Menschen mit Macht:

  1. Über wen oder was  hast du Macht?
  2. Woher hast du sie?
  3. In wessen Interesse übst du sie aus?
  4. Wem bist du verantwortlich?
  5. Was tue ich, damit du sie wieder loslässt?

So kann man also auch eine Führungskraft fragen. Am besten ist es natürlich, jede Führungskraft fragt sich das regelmäßig selbst.

Defizit-orientierte Personalentwicklung

von Stefan Goes

Auch wenn in Personalerkreisen und in Selbstverbesserungsliteraturecken das Motto „Stärken stärken“ mittlerweile fast schon wieder abgenutzt ist, scheint der Grundgedanke dahinter noch bei Wenigen wirklich verinnerlicht zu sein. Ich spreche von der Förderung und Entwicklung von persönlichen Stärken statt dem Überwinden von Defiziten. So bin ich selbst lange mit mir umgegangen und habe dementsprechend – und weil es fast ausschließlich so verlangt wurde – auch so gearbeitet. Das Prinzip: Jemandem „fehlt“ etwas oder von etwas Ungutem ist zu viel da. Stimmte ja oft auch aber der Ansatz ist dennoch falsch.
Natürlich schadet es selten, sinnlose oder abträgliche Verhaltensmuster zu erkennen und durch etwas „Besseres“ zu ersetzen, genau so wenig, wie es selten schadet, sich ein Defizit anzusehen und zu überlegen, wie man es ausgleichen könnte. Doch das ist oft sehr mühsam und man schaut und fühlt die ganze Zeit auf das Ungewollte und das noch nicht erreichte Ersehnte. Viel einfacher und motivierender ist es, sich auf die eigenen persönlichen, methodischen und fachlichen Stärken zu konzentrieren. Was man schon besitzt und beherrscht, kann man oft mit Freude und schnellen Fortschritten erweitern und verfeinern.
Nach wie vor kommen Klienten häufiger zu mir, weil sie etwas loswerden, überwinden oder ausgleichen möchten, statt eine persönliche Eigenschaft oder Fertigkeit weiter entwickeln zu wollen. Diese Perspektive erlaube ich mir immer öfter nicht zu teilen. Vom Ziel zurück auf den Menschen schauend findet sich grundsätzlich ein Lernweg, der auf den vorhandenen Stärken aufbaut. Beispiele gefällig?
1) Introvertierter, strategischer Controller lernt, statt durchsetzungsstärker und redegewandter zu werden, gezielt zu schweigen und seine wenigen Sätze noch prägnanter zu formulieren.
2) Abenteuerlustiger und freiheitsliebender Inhaber-Unternehmer lernt, seine Neugier mit Hilfe systemischer Fragemethodik zur wertschätzenden Mitarbeiterführung einzusetzen.
3) Erfolgreiche Marketing-Fachfrau richtet ihren Anspruch an absolute Perfektion nicht mehr gegen sich, sondern setzt ihn lieber zur Vorbereitung von Kunden- und Partnergesprächen ein – mit dem Focus auf der Verantwortlichkeit für das Gelingen bei allen Beteiligten statt nur bei sich selbst.

Vorgestellt: Das 3i-Modell

Sie kennen vielleicht dieses einfache, in den 60ern der Nachrichtentechnik entliehene Sender-Empfänger-Modell, um Kommunikation und mögliche Störungen zu erklären: Ein Sender S sendet auf einem Kanal K (Licht, Schallwellen, Papier o.ä.) einen Text T (Mimik/Gestik, Sprache, geschriebener Text) zum Empfänger E. Meist wird gesagt, die übermittelte Information befinde sich in T. Dies ist aber nur zu einem Drittel richtig, denn  Read More