Ein Pfirsich unter Äpfeln – kann man das herkömmliche Management abschaffen?

von Stefan Goes

Ich habe mir gerade wieder fünf Bücher gekauft. Diesmal aber nicht aus eigenem Antrieb aber immerhin aus Neugier.
Eine Unternehmerin, die eine ihrer Nachwuchsführungskräfte zu mir ins Führungscamp geschickt hat, empfahl mir diese Bücher zu lesen:

  1. Dirk Baecker: Die Sache mit der Führung
  2. Gerhard Wohland / Matthias Wiemeyer: Denkwerkzeuge der Höchstleister
  3. Niels Pfläging: Organisation für Komplexität
  4. Niels Pfläging / Silke Hermann: Komplexithoden
  5. Lars Vollmer: Wrong Turn

Warum dies? Der junge Mann hatte sich besorgt gezeigt, ob die von der Chefin aktuell verfolgte „Pfirsich-Methode“ des Managements im Unternehmen funktionieren könne, wo doch ein großer Teil der Mitarbeiter lieber Äpfel äßen, sozusagen, also lieber konventionell geführt werden wollte.
Von „Pfirsich statt Pyramide“ spricht Pfläging in Buch Nummer 3 auf meiner Liste erst ab Seite 55. Und natürlich geht es vorher um viel mehr. Denn die Idee ist, grob gesagt, Management nicht mehr hierarchisch sondern funktional zu organisieren. Gute Idee, so wie der Sozialismus. Dafür braucht man aber die richtigen Leute und eine geeignete Führungsmannschaft.
Also jetzt lese ich erst einmal die Bücher und schaue dann, was in dem Unternehmen in der Zwischenzeit so passiert sein wird.

Mit echtem bayrischem Senf oder mit echtem bayrischen Senf?

von Karin Saal

Kürzlich stieß ich bei der Lektüre des Sprachreports (quartalsweise herausgegeben vom Institut für deutsche Sprache in Mannheim) auf einen spannenden Artikel zu der Frage nach der Flexion bei Adjektivfolgen ohne Artikel. Darin wird auf die Frage eingegangen, welche der Adjektive denn nun in welcher Art an das Nomen angepasst werden müssten.

Im mündlichen Sprachgebrauch stellt das nur ein kleineres Problem dar (hier kann man sich leicht mit undeutlicher schneller Aussprache retten), soll man allerdings schreiben, dass man z.B. nur bei schönem sonnigen/m Wetter zur Gartenparty kommt, wird es deutlich schwieriger. Schließlich möchte niemand sich outen, der deutschen Sprache nicht mächtig zu sein.

Gängig und meiner Meinung nach in der Schule auch so beigebracht, ist es, das erste Adjektiv stark zu flektieren, alle weiteren nur schwach, d.h. bei schönem sonnigen Wetter.

Umso überraschter war ich, dass im Artikel als allgemeine Regel angegeben wird, dass „die Adjektive parallel, d.h. gleichmäßig flektiert werden.“ Das bedeutet also, dass sich jedes folgende Adjektiv in seiner Flexion am vorangegangenen orientiert. Genau anders als ich ursprünglich gedacht und gelernt habe.

Doch selbstverständlich gibt es Abweichungen von dieser Regel. Die findet man schließlich im aktuellen Sprachgebrauch zuhauf. Wenn zweites Adjektiv und Nomen eine so genannte begriffliche Einheit bilden, die durch das erste Adjektiv näher beschrieben wird, so wird nur das erste stark flektiert. Wann bilden nun zweites Adjektiv und Nomen solch eine Einheit? Der Test ist ganz leicht: Kann zwischen den zwei Adjektiven weder ein Komma noch ein und stehen, so besteht eine begriffliche Einheit und das zweite Adjektiv wird schwach dekliniert.

Bei unserem Beispiel zeigt sich: Ich komme nur bei schönem (und) sonnigem Wetter. Hier gilt also die allgemeine Regel.

Insgesamt gilt: Verwendet man immer die allgemeine Regel und flektiert beide Adjektive stark, macht man nichts verkehrt. Will man es noch besser als gut machen: begriffliche Einheit ja oder nein? –dementsprechend flektieren.

Hier der Link zum äußerst lesenswerten Artikel mit vielen Beispielen:

http://hypermedia.ids-mannheim.de/call/public/fragen.ansicht?v_id=44

Worte auf Herzen

von Stefan Goes

Meine Mutter schenkt mir hin und wieder kleine Zettel, auf die sie Aphorismen aus allen möglichen Kulturkreisen getippt hat. Neulich bekam ich diesen:

RabbiMendel

Dieser Satz ist bei 5.Mose 6:6 zu finden, wo Mose ihn zu den Israeliten sagt. In der Lutherbibel von 1912 findet er sich so übersetzt wieder: „Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du ‚zu‘ Herzen nehmen.“

Rabbi Mendel von Kotzk weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es „’auf‘ deinem Herzen“ heiße.
Grammatikalisch geht das, aber semantisch ist es ungewöhnlich. Wir sind eher an Wendungen mit „in deinem Herzen“ gewöhnt. Deshalb horchen wir auf. Diese Übersetzung gefällt mir nicht nur als Rhetoriker gut wegen des Überraschungseffektes, sondern vor allem als Mensch: Es ist doch ein wohltuender Gedanke, dass Worte bereit liegen könnten, um zu wirken, sobald man sie für sich annehmen kann. Wie eine metaphysische retard-Salbe, falls es so etwas gibt. Ich habe das oft schon selbst erfahren, dass ich einen bestimmten Satz oder Hinweis erst nach langer Zeit verstehen oder annehmen konnte.

Rabbi Menachem Mendel von Kotzk (* 1787 in Bilgoraj; † 1859 in Kotzk) war ein chassidischer Rabbiner. Von 1834 bis zu seinem Tode war Menachem Mendel Rabbiner in Kotzk (Kock) bei Lublin. Er forderte einen beständigen, angespannten Kampf gegen den Egozentrismus.
Sein Schwerpunkt lag auf Emet, der Wahrheit. Um das Ziel der Wahrheit zu erreichen, war er bereit, alles andere zu opfern. Es gebe nur eine Wahrheit, und alles außerhalb der Wahrheit sei falsch, am schlimmsten seien jedoch die Nachbildungen der Wahrheit, und zwar umso mehr, je näher sie der Wahrheit kommen. Diese Wahrheit könne nur durch absolute Freiheit erreicht werden, das bedeute, äußerem Druck nicht nachzugeben, Verzicht auf Selbstgefälligkeit und Gefälligkeiten für andere. Er predigte keine Askese oder Verneinung des Diesseits, sondern verkündete, dass der Mensch auf der Suche nach der Wahrheit oftmals gegen sich selbst und die Gesellschaft ankämpfen muss. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Menachem_Mendel_von_Kotzk)

Krisen lösen

Vor kurzem entstand während der Arbeit mit eines unserer Kunden diese Grafik zum Thema Krisen lösen:

Krisen_lösen

Eine Krise entsteht meist dadurch, dass eine wie auch immer geartete Störung eintritt. Die Krise an sich kann viele unterscheidliche Aspekte aufweisen und sollte immer dahingehend untersucht werden, welcher Aspekt im Vordergrud steht. Wird keine Lösung gefunden, muss tiefer geforscht werden. Wird die gefundene Lösung nicht von allen Beteiligten akzeptiert ebenfalls.

Ein Projekt

von Stefan Goes

Neulich war ich mit Sönke Petersson von exeo tief im Wald mit dem Geländewagen unterwegs, um zu unserem gemeinsamen Führungscamp zu gelangen. Wir waren schon etwas spät dran, um beim Aufbau der Jurten mit zu helfen. Der Weg war vom Regen aufgeweicht. Kurz vor dem Ziel stießen wir auf den Transporter seiner Kollegen, die sich damit an einer Steigung bis zu den Achsen festgefahren hatten. Er bremste, hielt den Wagen an und lachte erfreut: „Ah! Ein Projekt!“.
Diese Reaktion fand ich sehr erfrischend, zumal sie von Herzen zu kommen schien. Natürlich war das auch für Sönke eine sehr unerfreuliche Unterbrechung aber seine Haltung hatte den entscheidenden Vorteil, statt zum Verdruss zur Abenteuerlust zu ermuntern. Die meisten Menschen, die ich kenne, würden mit mehr oder minder gesellschaftsfähigen Flüchen reagieren. Das Beste, was ich selbst wohl zustande brächte, wäre etwas wie „Ach wie spannend!“. Also die klassische Berater- und Coach-Distanz. Muss ich ja zugeben. Ein Erlebnis-Pädagoge und Outdoor-Trainer geht da natürlich ganz anders heran. Zupackend.
Nun würde man gerne denken, dass dann wohl auch Handwerker und andere Menschen mit vornehmlich handfesten Berufen so fühlen und denken würden. Aber weit gefehlt. Denn diese kleine Anekdote kann ich leider in vielen Beratungssituationen anwenden, wo genau diese Berufsgruppen vertreten sind. Wie kommt das wohl? Es hat wahrscheinlich mit dem Selbstbild zu tun. Wo auf der Progressionsleiter Selbstwertgefühl > Kontrollüberzeugung > Selbstwirksamkeitserwartung > Optimismus hakt es? Und natürlich spielen Erlebens- und Handlungsmuster eine wichtige Rolle. Wenn andere oder ich selbst mir zu häufig Hecken pflanze, die die Handlungsfreiheit einschränken, sehe ich eben irgendwann nur noch Probleme statt Lösungen.

Laut ist nicht gleich stark – und stille Wasser sind tief

Das Verhalten und die Persönlichkeit von Menschen lassen sich – bezogen auf Aktivität und Präsenz in Gruppen – nach diesen vier Polen unterscheiden:

  • Extraversion vs. Introversion sowie
  • Angst vs. Mut

Extraversion wird im Fremdwörterlexikon als „die vorwiegende Einstellung des Denkens, Fühlens und Handelns auf die Außenwelt“ beschrieben. Laut Wikipedia zeichnet sich die Extraversion „durch eine nach außen gewandte Haltung aus. Extravertierte Charaktere empfinden den Austausch und das Handeln innerhalb sozialer Gruppen als anregend.“

Das Fremdwörterbuch definiert Introversion dagegen als „vorwiegende Konzentration auf das eigene Seelenleben bei verminderten Interesse für die Außenwelt“. Wikipedia sagt: „Introvertierte Charaktere wenden ihre Aufmerksamkeit und Energie stärker auf ihr Innenleben. In Gruppen neigen sie eher zum passiven Beobachten als Handeln und werden häufig als „still“, „zurückhaltend“ und „ruhig“ beschrieben.“

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 Es gibt also vier grundlegende Verhaltensmuster von Menschen in Gruppen, die sich aus der Kombination der beiden Gegensatzpaare ergeben:

  • Introversion und Angst: Eine heikle Mischung, denn sie führt je nach Ausprägung zur Handlungsunfähigkeit. Menschen, die sowohl introvertiert als auch ängstlich sind, halten sich in Gruppen, ihrer Handlungspräferenz entsprechend eher zurück, und trauen sich auf Grund ihrer Ängstlichkeit oder Schüchternheit nicht, aktiv zu werden, wenn es zur Wahrung ihrer Interessen angeraten wäre. Sie neigen dazu, sich zu verstecken, klein zu machen und nach Möglichkeiten zur Flucht Ausschau zu halten.
  • Extraversion und Angst: Diese Mischung hat es in sich. Oft werden Extraversion und Mut irrtümlicherweise gleich gesetzt. Das ist falsch, denn Extravertierte können auch ängstlich sein. Weil sie „von Natur aus“ nach außen, ins Zentrum, „ins Licht“ streben und sich gleichzeitig davor fürchten, was ihnen dort begegnen wird, sind sie oft überaus empathisch. Zugleich sind sie oft relativ dünnhäutig und empfindlich.
  • Extraversion und Mut: Die risikobereiten Helden, die als Erste untergehen. Mutige Extravertierte stürmen stets nach vorne, sind impulsiv und laufen daher nicht selten direkt ins offene Messer. Sie sind aber auch diejenigen, die im Wettkampf meist die Nase vorne haben und Vorteile schnell zu greifen wissen.
  • Introversion und Mut: Menschen mit diesen Eigenschaften agieren meist partnerorientiert und besonnen. Ihnen macht so schnell niemand etwas vor. Sie nehmen alles in Ruhe wahr und bilden sich ihre Meinung, die sie dann (auch vehement) vertreten können.

Und? Wo gehören Sie hin? Haben Sie sich schon in dem einen oder anderen Verhalten entdeckt?

Natürlich gibt es unzählige Abstufungen der Verhaltensmuster, die sich je nach Ausprägungsgrad der vier Pole Extraversion vs. Introversion und Angst vs. Mut entwickeln. Nehmen Sie dieses kleine Blatt also bitte nicht als eine „goldene Regel“ sondern versuchen Sie lieber, bei sich und anderen auf Entdeckungsreise zu gehen.

 

Literaturempfehlung:

Cain, Susan: Still: Die Kraft der Introvertierten. München: Goldmann, 2013

Spontan-Logik vs. Denken

von Stefan Goes

Auf dem Fußweg vor meinem Büro kam mir gerade ein nicht mehr ganz junger junger Mann auf seiner smaragdmetallicgrünen Vespa mit laufendem Motor entgegen. Er blickte mir fest in die Augen und fuhr an mir vorbei. Das war eng. Warum er das wohl tat? Nahe liegende Erklärung: Er hätte sonst auf der Straße entgegen der Fahrtrichtung fahren müssen. Das hätte ihn im Zweifelsfall €25 gekostet. Auf dem Fußgängerweg aber nur €15. Eine logische Entscheidung also, wenn man den Bußgeldkatalog im Kopf hat. Dies dürfte hier nicht der Fall gewesen sein, obwohl er ziemlich unrasiert war. Den Führer des Kraftrades leitete wohl eher eine spontan-logische Entscheidung.
Spontan-Logik liegt vor, wenn ohne großes Denken aus der Situation heraus scheinbar logisch entschieden wird. Z.B. „Also auf dem Fußweg darf man ja in beide Richtungen und ich lass‘ ja auch nur rollen…“. Diese spontan-Logik führt oft in die seltsamsten oder unangenehmsten Situationen; Hollywood und Till Schweiger wissen darum. Der große Vorteil dennoch: Es wird entschieden. Und ein Bedürfnis nach schneller, befriedigender Lösung wird erfüllt.
Denken hingegen führt häufig zu einer wirklich sinnvollen Entscheidung (ja ich weiß, das muss man können und Information braucht man auch noch). Der Nachteil hier: Es dauert oft zu lange oder man kommt zu keiner Lösung. Und oft ist die sinnvolle Lösung nicht emotional sättigende.
Wenn ich also spontan entscheiden sollte, würde ich logischerweise Spontan-Logik wählen.

wildes Plakatieren

von Karin Saal

Entdeckt:

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Ganz klar Rebellion, würden einige sagen. Schließlich werde doch hier genau das getan, was durch das Schild verboten werde. Es gebe genug andere Stellen, an denen plakatiert werden dürfe. Doch gerade das Verbot reize die Rebellen. Ohne dieses würde hier mit Sicherheit nicht plakatiert werden, denn was erlaubt wäre, fänden Rebellen uninteressant.

Ziviler Ungehorsam, sagen vielleicht andere. Denn durch das offensichtliche Verstoßen gegen das Verbot auf dem Schild, forderten die Verursacher Teilhabe und Beteiligung am politischen Geschehen ein. Und gebe es nicht auch das Recht der Meinungsfreiheit?

Wieder andere ordnen das Schild der Kategorie Humor zu. Es entlocke doch jedem, der vorbeiginge, ein kleines Schmunzeln und genau das solle es auch bewirken. Besonders die Aussage „wildplakatieren erwünscht“ sei doch Ironie in Reinform.

Sie sehen: Dieses eine Schild kann auf viele unterschiedliche Weisen interpretiert werden. Wer hat Recht? Keiner. Oder alle.

Jedoch ließe sich über eine eindeutige Zuordnung zu einer der Kategorien mit Sicherheit die ein oder andere interessante Diskussion führen.

Als Sprachwissenschaftler interessiert uns allerdings zusätzlich noch eine andere Seite. Besonders der Aufkleber „wildplakatieren erwünscht“ hat es uns angetan.

Schauen wir uns zunächst das erste Wort an: wildplakatieren. Zusammen und klein geschrieben. Ist das Absicht oder Zufall? Vorstellbar wäre ja auch Wildplakatieren. Der Unterschied besteht darin, dass wildplakatieren die Tätigkeit an sich in den Vordergrund stellt während das Wildplakatieren sich eher auf die Handlung und das Ergebnis bezieht. Wird mit diesem Aufkleber also die Tätigkeit des Plakatierens erwünscht oder ganz generell das Wildplakatieren?

Das bringt uns zum zweiten Wort: erwünscht. Was genau sagt uns dieses Wort? Im Alltag stoßen wir des Öfteren auf Aussagen wie „Bewerbungen per E-Mail sind erwünscht“ oder „Abendgarderobe erwünscht“. Ist es nun eine Aufforderung vorher Genanntes zu tun? Oder vielmehr eine Erlaubnis? Wäre es unhöflich, die Bewerbung altmodisch per Post zu schicken? Würde das gar die Bewerbungschancen verringern?

Fazit: Sprache und somit Linguistik „versteckt“ sich überall. Umso wichtiger, sich Gedanken über die eigenen Worte und Formulierungen zu machen. Und natürlich: darüber zu sprechen, auf der Metaebene. Woher soll ich denn sonst wissen, was bei meinem Gegenüber ankommt?!
Selbst dieses kleine Schild kann zu den verschiedensten Assoziationen und Diskussionen führen. Vielleicht einfach einmal mehr auf die Kleinigkeiten im Leben achten?

 

 

 

 

 

 

 

 

Präsentation 3.0 – Teil 2

von Stefan Goes

Als ich mich neulich wieder einmal auf einen Vortrag vor großem Publikum vorbereitete und mich fragte, wohin mit dem Stichwortzettel, hatte ich plötzlich ein Bild aus meiner anderen Bühnenvergangenheit vor Augen: Die mit Panzertape auf den Boden geklebte Liste der zu spielenden Stücke.
Statt Jazz-Standards habe ich mir dann einfach die Schlüsselwörter meines Vortrages aufgeschrieben und in die Mitte der Bühne geklebt. Hat prima funktioniert.

Präs3.0_2

Dilemma? Tetralemma!

von Stefan Goes

Albert Einstein wird gerne zitiert mit dem Aphorismus, dass Wahnsinn sei, fortwährend dasselbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.

Kinder lernen schnell, dass das nicht geht, wenn sie das runde Hölzchen durchs dreieckige Loch stecken wollen. Sie reifen heran und die Aufgabenstellungen werden komplexer. Und irgendwann passiert es dann: Wir versuchen, was nicht passt, passend zu machen. Viele Handwerker sagen das gerne, männlich schmunzelbrummend. In Wirklichkeit sieht es hier aber auch nur so aus, als täten sie fortwährend dasselbe, bis das Ergebnis stimmt. Tatsächlich aber sind sie einfach beharrlich und verformen die Realität (i.e. das Werkstück durch Einsatz von mehr Energie) oder sie wechseln die Technik. So machen das wohl alle Pragmatiker. Und irgendwie klappt es dann auch meist. Die wirklich harten Fälle sind m.E. Akademiker und überforderte Führungskräfte, am besten in Personalunion.

Die eigene Fach- und Problemlösungskompetenz wird überschätzt bzw. herbeigesummt und dann geht es oft nach diesen Mustern:

1. Ressourceneinsatz erhöhen: „Mehr Menschen, mehr Zeit, mehr Geld – das muss doch was bringen!“
2. Durchhalten: „Das wird schon, wenn wir uns nur genug anstrengen!“
3. Aussitzen: „Hinterhuber, kümmern Sie sich mal um die Angelegenheit!“

Häufig haben diese Muster ihre Ursache in der mangelnden Bereitschaft oder Fähigkeit, den eingeschlagenen Weg zu verlassen und etwas Neues zu wagen. Das liegt selten an der Führungskraft oder der Expertin allein, sondern meist auch am (Führungs)Umfeld. Dieser Lösungsstau führt dann häufig zu einer Art Tunnelblick, aus dem Polylemma zum Trilemma und schließlich zum Entweder-Oder-Dilemma. Der Karren steckt fest. Was tun?

Ein Weg kann sein, die indische logische Figur des Tetralemmas auf Entscheidungsprozesse anzuwenden, wie es zuerst Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer taten. Der Weg führt über fünf Positionen:

1. Das Eine
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein“ = weiter zu:
2. Das Andere
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein = weiter zu:
3. Beides (Kompromiss und 20 weitere  Subtypen)
„Ja“ = Lösung gefunden (-:
„Nein“ = weiter zu:
4. Keines von Beidem
Hier wird es spannend, denn nun bin ich zurück auf ‚Los!‘ oder muss meine Frage überdenken.
Und, wenn Sie wollen, gehen Sie noch einen Schritt weiter:
5. All dies nicht und selbst das nicht
Mit etwas Mut die totale Befreiung aus dem gesamten Dilemma. Der Weg führt dann gelegentlich nicht nur aus dem Problem hinaus, sondern auch aus dem sozialen System, sprich: Man verlässt die Organisationseinheit oder das Unternehmen. Meist jedoch führt diese Entscheidung zu einer neuen, wenn auch nicht konfliktarmen, Stufe der Kreativität.